Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Hermann Laube: alias "Hans Voss"
und: Wolfgang Kirchhof
Für die Stasi war er einer ihrer Topleute unter den Zeugen Jehovas in der DDR. Die übrigen DDR-Funktionäre der Zeugen, die ihn persönlich kannten, schätzten ihn allesamt als integer und treu ein. Belohnt wurde denn auch Laube nach der Wiederzulassung in der DDR, mit die Aufnahme ins Präsidium der "Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in der DDR" respektive ihrer Nachfolgeorganisation "... in Deutschland". Mehr noch. Zweimal wurde ihm die bei den Zeugen Jehovas relativ seltene Ehre zuteil, mit namentlich gezeichneten Berichten in der WTG-Literatur vertreten zu sein. Einmal in der Wachtturm-Ausgabe vom 15. April 1992. Und zum anderen (pikanterweise noch nach seiner Enttarnung!) im "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1999". Der WT vom 15. 4. 92 war der erste einer dreiteiligen Serie, in der noch zwei andere "Vorzeige-Zeugen Jehovas" aus der DDR namentlich dem beeindruckten Publikum in aller Welt vorgeführt wurden. Die anderen beiden waren noch: Helmut Martin und Horst Sch.. Bezüglich Martin beachte man auch die "Karriere" seines Enkelsohnes. Man vergleiche: Marko Martin
Aber angeführt wurde diese Artikelserie von besagtem Hermann Laube. Damit auch der heutige Leser noch die Chance hatt die "Tränen der Rührung" in sich aufkommen zu lassen (wer denn dies so mag). Oder wer nicht. Dann kann er sich auch die Frage stellen: Hat Jehovas Engel da geschlafen, als die WTG-Redakteure diese Artikel für die Veröffentlichung vorbereiteten?
Wie auch immer. Nachstehend sei einmal der seinerzeitige Laube-Artikel aus dem WT vom 15. 4. 92 dokumentiert; zuzüglich der entsprechenden Passage aus dem 1999er Jahrbuch der Zeugen Jehovas:
Jahrzehntelang haben sich Jehovas Zeugen gefragt,
wie es wohl ihren Brüdern in den Ländern erging, in denen ihre christliche Tätigkeit
Einschrankungen unterworfen war. Es freut uns, hiermit den ersten von drei Artikeln
zu veröffentlichen, in denen einiges geschildert wird, was damals geschah.
Es handelt sich dabei um persönliche Berichte treuer Christen
aus dem ehemaligen Ostdeutschland.
Jehova sorgte für uns
unter Verbot
1.Teil
Jahr 1944 befand ich mich als deutscher Kriegsgefangener im Lager von Cumnock bei Ayr (Schottland) und arbeitete als Sanitäter. Zwar durfte ich das Lager verlassen, aber der Verkehr mit der einheimischen Bevölkerung war Einschränkungen unterworfen. Auf einem sonntäglichen Spaziergang lernte ich einen Mann kennen, der sich alle Mühe gab, mir etwas aus der Bibel zu erklären. Danach gingen wir öfter zusammen spazieren.
Nach einiger Zeit lud er mich zum Besuch einer Zusammenkunft ein, die in einem Privathaus stattfand. Das war für ihn gefährlich, denn ich gehörte einer feindlichen Nation an. Ich hatte damals keine Ahnung, daß er ein Zeuge Jehovas war. Es handelte sich offensichtlich um die Zusammenkunft einer kleinen Bibelstudiengruppe. Ich verstand allerdings nicht sehr viel, doch ich kann mich noch deutlich an ein Bild erinnern, auf dem ein Kind in einem langen weißen Gewand zusammen mit einem Löwen und einem Lamm zu sehen war. Diese Darstellung der im Bibelbuch Jesaja beschriebenen neuen Welt hinterließ bei mir einen tiefen Eindruck.
Im Dezember 1947 wurde ich aus dem Gefangenenlager entlassen. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland heiratete ich Margit, die ich schon vor dem Krieg gekannt hatte. Wir ließen uns in Zittau nieder, einer Stadt nahe der polnischen und der tschechischen Grenze. Einige Tage später klopfte eine Zeugin Jehovas an unsere Tür. "Wenn das die gleichen sind wie die, die ich in Schottland kennengelernt habe", sagte ich zu meiner Frau, "dann nichts wie hin!" Noch in derselben Woche besuchten wir unsere erste Zusammenkunft der Zeugen.
Bereits nach kurzer Zeit lernten wir aus der Bibel, daß wir regelmäßig christliche Zusammenkünfte besuchen und uns am Predigtwerk beteiligen sollten. Ja, das, was die Zeugen anhand der Bibel lehrten, wurde bald das Wichtigste in unserem Leben. Nach einiger Zeit begann ich, ein Gruppenbibelstudium zu leiten. Im Februar 1950 fragten uns dann zwei reisende christliche Aufseher: "Wollt ihr euch nicht endlich taufen lassen?" Noch am selben Nachmittag symbolisierten Margit und ich unsere Hingabe an Gott durch die Taufe.
Schwierigkeiten stellen
sich ein
Zittau lag in der Sowjetzone Deutschlands,
und schon im Jahr 1949 hatte man begonnen, Jehovas Zeugen Schwierigkeiten zu
machen. In Bautzen mußten viele Probleme überwunden werden, ehe man einen Saal
für einen kleinen Kongreß erhielt. Im Sommer wurden dann Sonderzüge, die zu dem
größeren Bezirkskongreß nach Berlin fahren sollten, plötzlich abgesagt. Trotzdem
waren Tausende dort.
Es kam auch zu Störungen bei Versammlungszusammenkünften. Leute kamen extra, um durch Zwischenrufe und Pfiffe zu stören. Einmal mußte die Ansprache eines reisenden Aufsehers beinahe abgebrochen werden. Die Presse bezeichnete uns als Weltuntergangspropheten. In Zeitungsartikeln wurde sogar behauptet, wir hätten uns auf Hügeln versammelt und darauf gewartet, in den Wolken zu entschweben. Einige Zeitungen berichteten auch, daß Mädchen ausgesagt hätten, Zeugen hätten versucht, sie zu Unsittlichkeit zu animieren. Die Erklärung, daß diejenigen, die sich Jehova hingeben, ewiges Leben erlangen wurden, legte man dahin gehend aus, daß diejenigen, die mit Zeugen Jehovas Geschlechtsverkehr hätten, ewiges Leben erlangen würden.
Später verschrie man uns auch als Kriegshetzer. Was wir von Gottes Krieg von Harmagedon sagten, stellte man so hin, als würden wir den Rüstungswettlauf und den Krieg unterstützen. Wie absurd! Als ich eines Tages im August 1950 bei der Lokalzeitung, wo ich als Drucker arbeitete, zur Nachtschicht antrat, wurde ich am Tor angehalten. "Du bist fristlos entlassen", sagte der Wachmann, bei dem ein Polizist stand. "Ihr seid für den Krieg."
Als ich nach Hause kam, atmete Margit auf: "Das ist aber fein", sagte sie, "da hört diese späte Arbeit endlich einmal auf!" Wir machten uns keine Sorgen. Ich fand bald wieder Arbeit. Wir vertrauten auf Gott, und er sorgte für uns.
Unser Werk ist verboten
Am 31. August 1950 wurde die Tätigkeit der
Zeugen Jehovas in der Deutschen Demokratischen Republik verboten. Eine
Verhaftungswelle setzte ein. Zeugen Jehovas wurden vor Gericht gestellt, und
einige bekamen "lebenslänglich". Zwei aus Zittau, die bereits unter den
Nationalsozialisten in Konzentrationslagern gelitten hatten, wurden von den
Kommunisten eingesperrt.
Der Aufseher unserer Versammlung wurde samt seiner Frau verhaftet. Die Beamten, die die beiden festnahmen, ließen deren zwei Kinder allein im Haus zurück. Die Großeltern nahmen die Kinder zu sich, und heute verkündigen die beiden Mädchen eifrig Gottes Königreich.
Kuriere der Versammlungen in Ostdeutschland reisten nach Berlin und zurück, um an bestimmten Stellen im freien Westsektor Literatur abzuholen. Viele dieser mutigen Kuriere wurden verhaftet, vor Gericht gestellt und mit Gefängnis bestraft.
Eines Tages erschienen frühmorgens Beamte, um bei uns eine Hausdurchsuchung vorzunehmen. Wir hatten sie schon erwartet, weshalb ich alle Versammlungsaufzeichnungen, die ich führte, in unserem Schuppen in der Nähe eines Wespennestes untergebracht hatte. Mich hatten die Wespen nie gestört, aber als die Männer herumzuwühlen begannen, waren sie plötzlich von einer Wolke von Wespen umhüllt. Es blieb den Männern nichts anderes übrig, als Reißaus zu nehmen.
Jehova hatte uns durch die Kongresse, die 1949 abgehalten worden waren, auf das Verbot vorbereitet. Durch das Programm waren wir angespornt worden, noch eifriger zu studieren, die Zusammenkünfte regelmäßig zu besuchen, uns am Predigtdienst zu beteiligen sowie uns gegenseitig beizustehen und zu ermuntern. Das half uns wirklich, loyal zu bleiben, und wenn uns die Leute schlechtmachten und über uns lästerten, machten wir uns nicht allzuviel daraus.
Zusammenkünfte unter
Verbot
Nach dem Erlaß des Verbots kam ich mit zwei Mitzeugen zusammen,
um zu besprechen, wie wir unsere Versammlungszusammenkünfte weiter durchfuhren
könnten. Der Besuch von Zusammenkünften war gefährlich, denn bei dieser
Gelegenheit verhaftet zu werden konnte eine Gefängnisstrafe bedeuten. Wir
besuchten die Zeugen in unserer Umgebung. Einige waren ängstlich, doch es war
ermunternd zu sehen, daß alle die Notwendigkeit zusammenzukornmen erkannten.
Ein Interessierter bot uns seine Scheune als Versammlungsstätte an. Sie stand zwar auf einem Feld und konnte von jedermann gesehen werden, aber sie hatte eine Hintertür, die zu einem von Büschen verdeckten Pfad führte. Daher konnte unser Kommen und Gehen nicht beobachtet werden. Den ganzen Winter über bot uns diese alte Scheune Unterschlupf für unsere Zusammenkünfte, die wir bei Kerzenlicht abhielten und denen etwa 20 Personen beiwohnten. Wir trafen uns jede Woche zu unserem Wachtturm-Studium und zur Dienstzusammenkunft. Das Programm war auf unsere Verhältnisse abgestimmt, und es wurde stets betont, daß wir geistig aktiv bleiben müßten. Zu unserer Freude konnten wir den Interessierten schon nach kurzer Zeit als unseren neuen Bruder in der Wahrheit willkommen heißen.
Mitte der 50er Jahre begannen die Gerichte, etwas mildere Urteile zu fällen, und einige Brüder wurden aus dem Gefängnis entlassen. Viele wurden nach Westdeutschland abgeschoben. Für mich trat nach dem Besuch eines Bniders aus Westdeutschland unerwartet eine Wende ein.
Meine erste größere Aufgabe
Der Bruder nannte sich Hans. Nach unserem Gespräch bat er mich,
eine Adresse in Berlin aufzusuchen. Als ich den Decknamen an der Türklingel
gefunden und geklingelt hatte, wurde ich hereingebeten. Zwei Personen gesellten
sich zu mir und begannen mit mir ein nettes, aber ganz allgemeines Gespräch.
Dann stellte sich heraus, worauf sie eigentlich hinauswollten:
"Wärst du bereit, eine besondere Aufgabe zu übernehmen?"
"Ja freilich", antwortete ich.
"Fein", sagten sie, "das ist alles, was
wir wissen wollten. Komm gut nach Hause."
Drei Wochen später wurde ich erneut gebeten, nach Berlin zu kommen, und ich befand mich wieder in demselben Zimmer. Die Brüder gaben mir eine Karte von der Umgebung von Zittau und kamen dann zur Sache: "Wir haben keinen Kontakt mehr mit den Brüdern in dieser Gegend. Könntest du für uns den Kontakt mit ihnen wiederherstellen?"
"Selbstverständlich" war meine prompte Antwort. Es handelte sich um ein großes Gebiet: über 100 km lang, von Riesa bis Zittau, und bis zu 50 km breit. Alles, was ich zur Verfügung hatte, war ein Fahrrad. Sobald mit den einzelnen Zeugen Kontakt aufgenommen worden war, wurden sie in ihre Versammlung eingegliedert, die regelmäßig einen Vertreter nach Berlin sandte, um Literatur und Anweisungen entgegenzunehmen. Durch diese Methode wurde vermieden, daß andere Versammlungen in Gefahr gerieten, wenn die Behörden hinter einer Versammlung her waren.
Vertrauen auf Jehova
Trotz der Verfolgung gehorchten wir den biblischen Anweisungen
und hörten nie auf, mit der Botschaft von Gottes Königreich von Haus zu Haus zu
gehen (Matthäus 24:14; 28:19, 20; Apostelgeschichte 20:20). Wir besuchten Leute
auf Empfehlung von Personen, die wir bereits kannten, und wir machten einige
sehr schöne Erfahrungen. Manchmal wirkten sich sogar unsere Fehler zum Segen
aus. Das beweist folgende Erfahrung:
Meine Frau und ich erhielten eine Adresse, wo wir vorsprechen sollten, aber wir verwechselten das Haus. Als die Tür aufging, sahen wir an der Garderobe eine Polizeiuniforrn hängen. Margit wurde kreideweiß; mein Herz pochte. Das konnte für uns Gefängnis bedeuten. Es blieb nur noch Zeit für ein kurzes Gebet.
"Wer sind Sie?" fragte der Mann kurz
angebunden. Wir blieben ruhig.
"Kennen wir uns nicht von irgendwoher?"
sagte Margit. "Aber ich weiß im Moment
nicht, woher. Ah, jetzt weiß ich. Sie sind Polizist. Ich muß Sie in der Uniform
schon gesehen haben."
Das beruhigte ihn offensichtlich, und er fragte freundlich: "Sind Sie von den Jehovas?"
"Ganz recht", warf ich ein, "und Sie müssen sicher zugeben, daß es unsererseits allerhand Mut erfordert, an Ihre Tür zu klopfen. Aber wir sind an Ihnen persönlich interessiert."
Er bat uns herein. Wir besuchten ihn mehrere Male und begannen ein Bibelstudium. Nach einiger Zeit wurde er unser christlicher Bruder. Diese Erfahrung stärkte unser Vertrauen zu Jehova sehr.
Schwestern dienten häufig als Kuriere, was von ihnen rückhaltloses Vertrauen auf Jehova verlangte. Das war zum Beispiel der Fall. als Margit einmal nach Berlin fuhr, um Literatur abzuholen. Es war viel mehr da, als wir erwartet hatten. Der schwere, überfüllte Koffer wurde mit einer Wäscheleine zusammengebunden. Alles ging gut, bis Margit im Zug war. Dann kam ein Kontrollbeamter.
"Wem gehört der Koffer,
und was ist darin?" fragte er und deutete auf den Koffer.
"Meine Wäsche", antwortete Margit.
Mißtrauisch befahl er, ihn zu öffnen.
Bewußt langsam begann Margit, einen Knoten nach dem anderen in der um den Koffer
gewickelten Wascheleine zu lösen. Da der Kontrollbeamte mit dem Zug nur eine
bestimmte Strecke fahren, dann aussteigen und mit einem anderen Zug zurückfahren
mußte, wurde er zusehends ungeduldiger. Als schließlich nur noch drei Knoten
übrigblieben, gab er es auf. Hauen Sie ab mit Ihrem Koffer Wäsche!" schrie er.
Jehovas Fürsorge
Manche Nächte konnte ich höchstens vier Stunden schlafen, da ich
Versammlungsangelegenheiten in der Regel unter dem Schutz der Dunkelheit
erledigte. Nach einer solchen Nacht trommelten eines Morgens Beamte an unsere
Tür. Sie waren gekommen, um eine Hausdurchsuchung vorzunehmen. Es war zu spät,
etwas zu verstecken.
Die Beamten verwendeten den ganzen Morgen; sie stellten alles auf den Kopf, ja sogar die Toilette durchsuchten sie für den Fall, daß dort etwas versteckt gewesen wäre. Aber niemand dachte daran, meine Joppe zu kontrollieren, die an der Garderobe hing. In aller Eile hatte ich in ihre vielen Taschen Dokumente gesteckt. Die Taschen platzten fast vor lauter Dingen, die die Beamten suchten; sie gingen jedoch mit leeren Händen weg.
Bei einer anderen Gelegenheit, es war im August, 1961, war ich wieder in Berlin. Es sollte das letzte Mal vor dem Bau der Berliner Mauer sein, daß ich Literatur abholte. Auf dem Berliner Bahnhof wimmelte es von Menschen, als ich dort eintraf, um nach Zittau zurückzufahren. Der Zug fuhr ein, und jedermann stürmte den Bahnsteig entlang, um einzusteigen. In dem Gedränge wurde ich in einen Wagen geschoben, der völlig leer war. Ich war kaum eingestiegen, als die Türen von außen zugeschlossen wurden. Ich stand ganz allein in einem Abteil, während die anderen Fahrgäste in den übrigen Wagen zusammengepfercht waren.
Der Zug fuhr los in Richtung Zittau. Eine ganze Weile war ich allein in dem Wagen. Dann hielt der Zug an, und die Türen des Wagens wurden geöffnet. Dutzende sowjetrussischer Soldaten kamen herein. Erst jetzt merkte ich, daß ich in einen Wagen geraten war, der für das sowjetische Militär reserviert war. Ich wünschte, der Erdboden würde sich unter mir auftun und mich verschlingen. Die Soldaten schienen jedoch kaum Notiz von nür zu nehmen.
Wir fuhren weiter nach Zittau. Bei unserer Ankunft gingen die Tären unseres Wagens auf, und die Soldaten sprangen hinaus. Sie begannen, alle Reisenden auf dem Bahnhof zu durchsuchen. Ich war der einzige, der ungehindert weggehen konnte. Viele Soldaten größten mich sogar, weil sie wohl dachten, ich sei ein hoher Beamter.
Erst später wurde uns bewußt, wie wertvoll die
Literatur war, die ich mitgebracht hatte, denn durch den Bau der Berliner Mauer
wurde unsere Versorgungsroute vorübergehend unterbrochen. Doch die Literatur,
die wir hatten, deckte unseren Bedarf für mehrere Monate. Inzwischen konnten
Vorkehrungen getroffen werden, um
die Verbindung mit uns wiederherzustellen.
Der Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961
brachte für uns in Ostdeutschland verschiedene
Änderungen mit sich. Aber wie immer, war
Jehova den Ereignissen voraus. Er sorgte weiter für uns unter dem Verbot. (Von
Hermann Laube erzählt.)
Lernen, unter Verbot zu predigen
In der DDR hörte man nicht auf, die gute Botschaft von Gottes Königreich zu
predigen. Die Bibel war nicht verboten, also begann man Gespräche oft einfach
mit einem biblischen Gedanken. Da es wenig oder gar keine Literatur zum Anbieten
gab, suchte man zu verschiedenenthemen eine Reihe von Schriftstellen für
biblische Gespräche zusammen. Selbstverständlich war das Predigen gefährlich.
jeder Tag im Predigtdienst konnte der letzte in Freiheit sein. Die Zeugen
machten das Gebet zu ihrem "ständigen Begleiter", wie es einer von ihnen
ausdrückte. Er fügte noch hinzu: Es gab eine gewisse innere Ruhe und
Gelassenheit, man fühlte sich nie allein. Eine ständige Vorsicht war jedoch
immer geboten."
Trotz großer Vorsicht kam es vor, daß man der Polizei Auge in Auge gegenüberstand. Als Hermann und Margit Laube einmal auf Empfehlung von Leuten, die sie bereits kannten, Besuche machten, sahen sie hinter dem Mann, der die Tür öffnete, eine Polizeiuniform an der Garderobe hängen. Margit wurde kreideweiß, Hermanns Herz pochte. Sie beteten im stillen. Sicher würden sie ins Gefängnis kommen. "Wer sind Sie?" fragte der Mann kurz angebunden. Margit ergriff das Wort: "Kennen wir uns nicht von irgendwoher? Aber ich weiß im Moment nicht, woher. Ah, jetzt weiß ich. Sie sind Polizist. Ich muß Sie in der Uniform schon gesehen haben." In etwas freundlicherem Ton fragte er: "Sind Sie von den Jehovas?" ."Ganz recht", warf Hermann ein, "und Sie müssen sicher zugeben, daß es unsererseits allerhand Mut erfordert, an Ihre Tür zu klopfen. Aber wir sind an Ihnen persönlich interessiert." Die beiden wurden hereingebeten. Nach mehreren Besuchen ergab sich ein Bibelstudium. Schließlich wurde der Mann ein Glaubensbruder.
Der User „German" meint in einem Posting bei Infolink, nicht den
wesentlichen Tatbestand in Sachen des „Hans Voss" ausgewiesen zu sehen.
http://forum.sektenausstieg.net/index.php?topic=16486.msg374073#msg374073
Was wiederum eine Frage seines Kenntnisstandes letztendlich wäre.
Bei Infolink antworte ich nicht.
Meine Antwort kann er hier lesen (oder es auch sein lassen).
Zitat aus dem Aktenbestand des vormaligen Staatssekretariats für
Kirchenfragen der DDR (die darin mit enthaltenen Adressdaten, werden
hier nicht mit übernommen).
Gründungsprotokoll der
Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in der DDR
Die diese Urkunde unterzeichnenden 6 Personen haben sich heute, den 4. März
1990, um 17,00 Uhr als Initiativgruppe der Religionsgemeinschaft der Zeugen
Jehovas in der DDR versammelt.
Sie beschließen eine zu registrierende Religionsgemeinschaft zu gründen, die
unter dem Namen Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in der DDR den
Zwecken dienen soll, die in dem anliegenden Statut niedergelegt sind.
Das Statut wurde vorgelesen, besprochen und einstimmig angenommen.
Das von der Leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas mit der Leitung der
Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in der DDR betraute Komitee wird
aus den Gliedern der Initiativgruppe gebildet und besteht aus folgenden
Personen:
Der Koordinator des Komitees:
Herr Helmut Martin wohnhaft in ...
Die weiteren Glieder des Komitees sind:
Herr Rolf Hintermeyer wohnhaft in ...
Herr Hermann Laube wohnhaft in ...
Herr Wolfgang Meise wohnhaft in ...
Herr Egon Ringk wohnhaft in ...
Herr Horst Schleußner wohnhaft in ...
Der genannte Link zitiert in erster Linie HL bezüglich die
seinerzeitigen vom WT unter seinem Namen getätigten Aussagen. Er (der Link)
hat aber nicht die Absicht, ein "umfassendes Buch" zum Thema zu sein.
Es wird halt vorausgesetzt, wer sich für die Thematik interessiert, wird
auch andere einschlägige Quellen mit heranziehen.
Zum Beispiel das Y...'sche "Visier"-Buch.
Dort "verpackt" in einer eher unscheinbaren Fußnote (Seite 228 Anmerkung Nr.
81):
"Anm. d. Hrsg.
[das ist Y.... Die Fußnote auf die der Text verweist, ist allerdings ein
Text des Herrn W. H...]:
Bei dem IM "Hans Voß" handelt es sich
um den am 27. Januar 1926 in Prag geborenen Hermann Laube aus Zittau. Laube
war von 1966 bis zur Auflösung des MfS als IM aktiv. Siehe auch den Beitrag
von Gerald H..., Anm. 11.
[Was den weiteren Verweis auf H... anbelangt, so konnte ich dort allerdings
nichts HL-direkt bezügliches registrieren. Hacke refereriert eher allgemein
die Sachlage, ohne nun HL im besonderen Blickfeld zu haben]
In dem zeitlich später herausgekommenenen Buch des Herrn H... aus dem
Peter Lang Verlag, gibt es auf Seite 404 ebenfalls die eher in der Sache als
"mager" zu bezeichnende Aussage:
"Einblick in die höchste Führungsebene
hatte das MfS erhalten, da es gelungen war, zumindest einen der
Bezirksaufseher in der DDR als IM anzuwerben. Hermann Laube ("Hans Voß")
lieferte seit 1966 Informationen an das MfS und gab die Anweisungen und
Verhaltensmuster
der WTG an seinen Führungsoffizier weiter."
Ende der Durchsage bei H....
Dann sei noch ein Zitat aus dem alten Infolink gebracht (nicht dem jetzigen
"verschlimm-verbesserten")
Zitat:
>> Gerhard B... belegt: WTG deckt
Stasi-Spitzel! <<
Von: Günter
Datum: 29 Jun 1999
Uhrzeit: 19:53:47
> Kommentar <
Gerhard B... belegt: Die deutsche WTG-Führung stellt langjährigen Spitzeln
und Verrätern einen Persilschein aus
Seit mehreren Monaten geht unter den ZJ - insbesondere im Gebiet der
ehemaligen DDR - ein Gerücht um: Die WTG hat Kenntnis von mehreren Fällen,
in denen ZJ mit dem berüchtigten "Ministerium für Staatssicherheit" (MfS,
umgangssprachlich auch "Stasi" genannt) zusammengearbeitet hätten. Für den
einfachen ZJ stellt sich natürlich die Frage, ob die WTG gegen diese
MfS-Mitarbeiter (IM's) vorgegangen ist und welche disziplinarischen
Maßnahmen eingeleitet wurden.
Bisher wurden von seiten der WTG noch keine offiziellen Erklärungen dazu
abgegeben. Um hier nicht in den Bereich der Spekulation zu verfallen,
beschränke ich mich auf ein belegbares Einzelbeispiel.
Prekärerweise dürfte es sich dabei allerdings um einen Fall handeln, der das
perfide Spiel der deutschen WTG-Führung in Selters (vormals Wiesbaden)
besonders deutlich zeigt: Die Akte HANS VOSS.
Interessanterweise hat sich mir die Bedeutung einiger bisher bereits
veröffentlichen Dokumente erst im Laufe der Recherchen zu diesem Fall
aufgetan.
Schon im Jahr 1991 veröffentlichen Gerhard B... und Stephan Wolf das Buch
"Pfarrer, Christen und Katholiken - Das Ministerium für Staatssicherherit
der ehemaligen DDR und die Kirchen" (Neukirchener Verlag, ISBN
3-7887-1416-6). Diese Dokumentensammlung ist eine wahre Fundgrube für solche
Zwecke. In einem Dokument von 1969 (Dok. 52, S. 284 ff.) geht es um den
Stand der Bearbeitung von Spitzeln in den Kirchen und
Religionsgemeinschaften der DDR. Dort wird bereits über die Aufgaben von
"Hans Voß" berichtet:
= Referat III (...) 2. IMF "Hans Voß" Konzentrierung des Kuriermaterials der
Zentrale der "Zeugen Jehovas" in Wiesbaden an die Leitung der Sekte in der
DDR und Übergabe zur Einsichtnahme an das MfS =
"Hans Voß" gehörte in der DDR dem Führungsgremium der ZJ an. Die Vermutung
lag nahe, daß "Hans Voß" daher auch nach dem Mauerfall in das sogenannte
"Präsidium der Religionsgemeinschaft" übernommen wurde.
Dort waren nach Angaben der WTG folgende Personen tätig: H. Martin, R.
Hintermeier, H. Schleusner, H. Laube, W. Meise und E. Rink. Es ist gar nicht
so einfach, ein paar gesprächige ZJ zu finden, die sich dann auch noch mit
der Materie auskennen. Aber bereits Mitte vorigen 1998 wußte ich, daß alle
nach wie vor in diesem "Präsidium" sitzen - bis auf einen: H. Laube.
Hartnäckiges Nachbohren brachte dann nach der anfänglichen Bemerkung
"Der hat aus Altersgründen sein Amt aufgegeben"
einen hervorragenden Tip: Laube stammt aus Zittau, einem verschlafenen
Kleinstädtchen an der Grenze zu Polen und Tschechien. Dort müßte man etwas
näheres über die Umstände seines "Rücktritts" erfahren können.
Aus den teilweise bruchstückhaften Erzählungen von dortigen ZJ ergibt sich
in etwa folgendes Bild:
1997 entdeckte ein ZJ, der in seine Stasi-Akten Einsicht nahm, daß er von
einem gewissen "Hans Voß" ans Messer geliefert worden war. In dem Fall muß
es wohl um eine empfindliche Geldstrafe gegangen sein. Der Geschädigte
verlangte nun bei der Gauck-Behörde die Offenlegung des Klarnamens. Das
Ergebnis: "Hans Voß" war der Deckname für den in Prag
geborenen HERMANN LAUBE, wh. in Zittau-Eichgraben.
Die örtlichen ZJ- Funktionäre waren anscheinend zunächst geschockt, wollten
aber den Verräter in ihren eigenen Reihen zur Verantwortung ziehen. Das
wurde jedoch von der deutschen WTG-Zentrale vereitelt. Es fand eine
sogenannte "Komitee-Sitzung" statt, an der Spitzenfunktionäre aus Selters
teilnahmen, die extra dazu ins weit entfernte Zittau gereist waren. Ein
Ergebnis dieser "Verhandlung" wurde wohl nie offiziell bekanntgegeben.
Allerdings ist Laube seit diesem Zeitpunkt kein "Ältester" mehr und darf
sich in den Versammlungen nicht mehr aktiv beteiligen. Ein ZJ-Funktionär aus
der Nähe von Berlin erzählte allerdings seiner Ehefrau, daß man auf der
jährlichen Hauptversammlung der Ost-ZJ (sogenannte "Ratsversammlung") den
dort anwesenden "verantwortlichen Brüdern" mit keiner Silbe etwas von der
Stasi- Spitzel-Geschichte ihres bisherigen Oberhirten verlauten ließ. Ihnen
wurde ein Brief vorgelesen, in dem Laube angeblich selbst "aus persönlichen"
Gründen darum bat, von seinem Amt entbunden zu werden.
Soweit ist der Umgang mit dem Judas Ischkariot noch nachvollziehbar.
Aber Anfang 1999 traf viele ZJ ein harter Schlag: Die WTG veröffentlichte im
"Jahrbuch 1999" einen Bericht über Deutschland.
Neben der allgemein unsachlichen und auch nachweislich falschen
"Berichterstattung" (siehe S. 78, dort wird die Gründung der Bundesrepublik
auf das Jahr 1955 verlegt! ZJ sind eben "nicht von dieser Welt".) erregten
vor allem die Berichte über "Älteste ..., die Entscheidendes geleistet
hatten, um die Herde in Ostdeutschland geistig stark zu erhalten. Jetzt
schwelgten sie in der Vergangenheit."
(Jahrbuch der ZJ 1999, S. 119) - Und Laube schwelgte in Stasi-Märchen.
Aus S. 120 berichtet Laube, wie man auf wundersame Weise Papier für den
illegalen Druck der WTG-Schriften erhielt. Nicht genug damit, auf Seite 82
findet man schon einen Bericht von Laube, wie er einen Polizisten zum ZJ
umkrempelte. Es stellen sich die Fragen:
Warum leugnet die WTG, daß HERMANN LAUBE ein langjähriger (siehe B...)
Stasi-Mitarbeiter war?
Aus welchem Grund werden die ZJ im Osten Deutschlands über die wahren
Hintergründe belogen?
Wieso wird der Verräter auch noch hofiert und weshalb werden seine
Geschichten auch noch im "Jahrbuch" abgedruckt?
Wann wird der die Autobiografie von LAUBE (im WACHTTURM erschienen)
widerrufen?
Aber es kommt noch besser: Anscheinend sind die Geschichten des verlogenen
Stasi-Informanten auch noch frei erfunden und niemals so passiert. Und die
WTG weiß das! Nach mehreren übereinstimmenden Berichten von aktiven ZJ aus
der Heimat des LAUBE wurde in den dortigen Gruppen bekanntgegeben, daß die
Berichte von LAUBE im "Jahrbuch" NICHT DER WAHRHEIT ENTSPRECHEN!
Wann wird die WTG ihr Schweigen brechen und eine Stellungnahme zur
Stasi-Connection abgeben?
Welche Rolle spielt der "Ost-Verantwortliche" der WTG, WILLY K. POHL?
Wer dazu weitere Informationen hat, bitte hier ins Forum posten!
mfg Günter M ...
(Familienname im Infolink-Posting ausgeschrieben. Hier abgekürzt).
Ergänzend siehe auch:
Parsimony.8208
Parsimony.16379
Parsimony.1238
Post Skriptum:
Noch ein weiteres Zitat dieses Günter M ...
Von: Günter M ...
Datum: 14 Jul 1999
Uhrzeit: 23:55:53
> Kommentar <
Hier ein Artikel aus ERWACHET (8.1.95), beachte: Die Kirche ist
schlecht, weil einzelne Funktionäre mit Stasi und KGB kooperiert
haben! Wenn man das mal auf die WTG anwendet ...
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Kein Teil der Welt?
VON UNSEREM KORRESPONDENTEN IN DEUTSCHLAND
"SIE sind kein Teil der Welt, so wie ich kein Teil der Welt bin"
(Johannes 17:16). Mit diesen Worten beschrieb Jesus die absolute
Neutralität seiner Nachfolger in politischen Angelegenheiten.
Entsprechen diejenigen, die sich heute Christen nennen, diesem
Maßstab?
Man beachte die folgenden Pressekommentare über die Rolle der
Christenheit in der DDR, die bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1990 unter
kommunistischer Herrschaft stand.
. "Nachdem die Evangelischen Kirchen in der DDR für kurze Zeit im Ruhm
glänzten, die Mutter der friedlichen Revolution gewesen zu sein,
scheint ihr öffentlicher Kredit nun rapide zu verfallen. Vielen
erscheinen sie nun eher als eine Stütze des Regimes und als ein
Tummelplatz der Stasi" (Die Zeit, November 1991).
. "Betroffen über die Stasi-Verstrickungen von kirchlichen
Mitarbeitern und Angehörigen der Gemeinden haben sich verschiedene
Landeskirchen in den fünf neuen Ländern geäußert" (Evangelische
Kommentare, Januar 1991).
. "Die Kirchenleitungen hören Klagen, daß Pfarrer nicht mehr so wie
früher für ihre Leute sorgten, weil sie politisch engagiert sind"
(Süddeutsche Zeitung, Februar 1990).
. "[Bundespräsident] Weizsäcker sagte, in deutsch-deutscher Politik
habe die [evangelische] Kirche stets eine hilfreiche Rolle gespielt"
(Wetterauer Zeitung, Februar 1992).
Nicht nur die evangelischen Landeskirchen haben sich in die Politik
eingemischt. Die Zeitung The European berichtet: "Stasiagenten
unterwanderten so gut wie jede Kirche." Manfred Stolpe, der in dieser
Zeitung als "Hauptunterhändler zwischen der evangelischen Kirche und
den kommunistischen Machthabern" bezeichnet wird, sagte zu seiner
Verteidigung: "Ich hätte auch dem Teufel die Hand gereicht, wenn es
unserer Sache dienlich gewesen wäre."
Gemäß dem Londoner Guardian hat die Geistlichkeit in Italien ein gutes
Verhältnis zur Mafia. Die Zeitung berichtet: "Die Kirche und die Cosa
Nostra haben so lange Zeit friedlich koexistiert, daß man die Kirche
schon oft der Komplizenschaft bezichtigt hat."
Der Toronto Star veröffentlichte einen Artikel über die Zusammenarbeit
einer Reihe russisch-orthodoxer Priester mit dem ehemaligen KGB. In
dem Bericht heißt es: "Die Enthüllungen über die Zusammenarbeit der
Kirche mit dem kommunistischen Regime waren der härteste Schlag. . . .
Das Archivmaterial des KGB . . . läßt darauf schließen, daß
Kirchenobere nicht nur ihren eigenen Prinzipien untreu geworden sind,
sondern auch bereit waren, führende Geistliche im Ausland zu
gefährden."
Während sich die Kirchen der Christenheit weiterhin in die Politik
einmischen, halten sich wahre Christen an Jesu ausdrückliches Gebot,
kein Teil der Welt zu sein.
Gelesen in der Stasi-Beurteilung des Hermann Laube alias IM "Hans Voß"
Er sei 1966 durch „Überzeugung" gewonnen.
Was die Stasi da als „Überzeugunng" betitelt ist dann das „Umdrehen", was auch bei anderen Geheimdiensten Praxis ist.
Wertvolle Materialien habe die Stasi über ihn erhalten liest man in dieser vom Stasifunktionär Herbrich formulierten Einschätzung weiter.
Gegebene Aufträge (von der Stasi) führt er gewissenhaft aus.
Die Regeln der Konspiration würde er auch beachten.
Für seine wertvolle Arbeit sei er mehrfach ausgezeichnet worden.
www.neuegeschichte.de/dokumente/hermann-laube-imf-hans-voss-auskunftsbericht-und-beurteilung-vom-7-12-1974
Exkurs:
Zitat aus dem einschlägigen Buch von Dirksen; wobei man ausdrücklich
hinzufügen muss. In seinem gesamten Buch lässt Dirksen nicht eine Silbe
darüber verlauten, wer der von ihm auch genannte „Hans Voß" sei; namentlich
wie sein bürgerlicher Name lautet.
Wer sich also nur auf Dirksen diesbezüglich „verlässt" - der ist „verlassen"
und das mit voller Absicht.
Nun aber das Dirksen-Zitat noch:
„Der IM "Hans Voß" gelangte nach 1965 sogar in die Position eines
Bezirksdieners und war damit der höchstrangige IM in der Konspiration der
Organisation der Zeugen Jehovas in der DDR. Bis zum Ende der DDR berichtete er
dem MfS über Planungen und Aktivitäten der Religionsgemeinschaft"
Noch ein Dirksen-Zitat:
„.Durch den Bezirksdiener "Hans Voß" und den Kreisdiener "Albert" war das MfS
durchaus in der Lage, wichtige organisatorische Entscheidungen der Zeugen
Jehovas zu erfahren."
Dirksen ergeht sich, namentlich in der zweiten, erweiterten Auflage seines
Buches genüsslich darüber, wie das MfS, in Sachen Ostbüro der WTG, im Nebel
herumstocherte; und wie von Laube dabei gelieferte Infos, sich als nicht
stimmig erwiesen.
Das man dem Laube dabei allerdings „zugute" halten muss. Er lebte ja in der
DDR. Nach den Westen ausreisen konnte er auch nicht. Er kann also nur das
weitergeben, was er denn selber vom Hören-Sagen mitbekommen hat. Darüber
reflektiert Dirksen allerdings nicht.
Aber die Tendenz bei Dirksen ist schon klar. Unausgesprochen möchte er
rüberbringen: „Seht, was dass doch für ein Trottel" ist.
Das dieser „Trottel" durchaus auch relevante Infos weiterleitete. Dabei zieht
Dirksen es dann doch lieber vor nach dem Grundsatz zu handeln:
„Es schweigt des Sängers Höflichkeit!"
Noch eine Meinung (meinerseits) dazu.
Das viele auf das DDR-Regime nicht gut zu sprechen waren und sind, ist
nachvollziehbar. Auch für mich nachvollziehbar, dieweil, besonders im Zeitraum
1985-1989 ich auch die subtilen Zersetzungsmassnahmen, mit denen die Stasi ihre
erklärten Gegner zu bedenken pflegte, auskosten durfte (nicht ganz freiwillig).
Und das Heer der Stasi-IM die da angesetzt wurden, fand sich an vielerlei Orten.
Besonders auch im Berufskollegen-Umfeld, einschließlich dortiger Vorgesetzter.
Mit etwas Sensibilität könnte man da sehr schnell erkennen, wer da so alles von
dieser „Firma" geführt wurde. Und das waren nicht wenige.
Da wirkten solcherlei Provokationen, wie der Diebstahl der PKW-Nummerschilder,
am hellerlichten Tag, auf dem in der Nähe der Berliner Staatsbibliothek
befindlichen Bebelplatz (damals noch als Parkfläche zugelassen. Heute nicht
mehr).
Da wirkten solcherlei „Warnschüssse" noch als rückblickend „harmlos". Da gab es
noch ganz andere Erfahrungen. Nicht unbedingt der angenehmen Art.
Selbstredend erging es anderen Gegnern des DDR-Regimes nicht „besser". Darüber
kann es keinen Zweifel geben. Darüber gibt es auch diverse Berichte.
Das solcherlei traumatisierenden Erfahrungen nachwirken, ist auch offenkundig.
Insofern kann ich mich durchaus in diesbezügliche Befindlichkeiten hinein
versetzen.
Das alles ändert aber nichts daran, vor einem fallweisen überschwappen von
Emotionen zu warnen!
Es ist eine zu weit gehende Unterstellung, dass besagter „Hans Voss" denn irgend
jemand von den Zeugen ins Gefängnis gebracht hätte.
Zur Begründung:
Im November 1965 fand seitens des östlichen Regimes (außerhalb der Ebene
Wehrdienstproblematik), die letzte größere Verhaftungswelle in Sachen Zeugen
Jehovas statt.
Gezielt ausgerichtet auf deren Führungskader, etwa L... in Dresden (den es damit
zum zweiten Male traf). Das erste Mal schon 1950 mit damaliger Verurteilung zu
lebenslänglichem Zuchthaus.
Noch etwas war an der 1965er Novemberaktion charakteristisch. Ich war damals für
die WTG-Interessen als Kurier eingesetzt; und habe quasi so mitbekommen,
ebenfalls sehr direkt, wie es einen Berliner WTG-Fürsten, den Herrn S., bei
dieser Aktion traf.
Es traf ihn in der Form einer „professionell" durchgeführten
Hausdurchsuchungsaktion zu Nachtschlafener Zeit. Und das war es im Fall S..
Verhaftet wurde er jedenfalls nicht (im Gegensatz zu L... und anderen).
Rückblickend offenbart sich bei diesem Stasi-Agieren, durchaus ein gewisses
System.
Furcht und Schrecken verbreiten für alle, schon mal klar, war eines dieser
Ziele.
Trotzdem wurden nicht alle Betroffenen in Haft genommen.
Wie es den Herrn Laube bei dieser Aktion traf, weis ich nicht. Aber ich vermute
mal: Ähnlich wie im Fall S..
Zur Stasitechnologie gehört auch das „Ausbrechen" aus den vermeintlich
feindlichen Organisationen.
Ein Narr, der nicht wahrhaben will, dass auch westlichen Diensten, solcherlei
„Technologien", sehr geläufig sind.
Denn die beiden anderen Varianten. Entweder überzeugte Gegner finden, oder
„Einschleusen", sind rar, sehr langwierig, und keinesfalls mit einer
„Erfolgsgarantie" für ihre Arrangeure verbunden.
In meiner Sicht ist besagter Herr Laube, der klassische Fall eines „Herausgebrochenen".
In Kombination mit einer eventuell zeitweiligen Inhaftierung, massiv unter Druck
gesetzt, mit den Stasipropagandathesen „eingedeckt". Und sicherlich von anderen
Erpressungsmerkmalen, ist er zu ihrem Werkzeug der Kategorie „Herausgebrochene"
geworden.
Wer nun unterstellt, Herr Laube habe irgend jemand ins Gefängnis befördert, der
ist beweispflichtig. Ich fürchte für ihn. Er kann diesen Beweis nicht antreten;
dieweil es nach der Novemberaktion 1965 (außerhalb des auszuklammernden
Wehrdienstspektrums), keine Verhaftungen von Zeugen mehr gab.
In meiner Sicht war Laube besonders in dem Sinne für die Stasi interessant, ihn
als zu „melkende Kuh" zu benutzen.
Durch ihn erfuhren sie die weitere Verästelung der Funktionärsstruktur.
Das war für die Stasi schon mal ein Wert an sich. Wussten sie, wer wer war,
konnten und bauten sie ihre IM-Systeme um solche „Kandidaten" auf.
Nicht im Sinne eines kurzfristigen Agierens. Sehr wohl aber in dem Sinne. Sollte
einer der so „Eingekesselten" der Stasi ganz besonders negativ auffallen. Dann
Zersetzungsmassnahme marsch!
Das alles lässt sich sicherlich anhand des einschlägigen Aktenbestandes,
fallweise nachweisen. Man kann also Laube letztendlich nur vorhalten, seinen
Teil dazu beigetragen zu haben, dass sich die ZJ-Organisation, allen
Konspirations-Anstrengungen der WTG zum Trotz, für die Stasi als offenes Buch
erschloss.
Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wolfgang Kirchhof alias GM "Max" und IM "Albert"
Traditionell befinden sich die höchsten Zeugen Jehovas-Konzentrierungen im Bereich der ehemaligen DDR in deren Südbezirken. Sachsen, gefolgt von Thüringen ist da besonders zu nennen. Offenbar sind auch im Bereich in und um Gera relative blühende Zeugen Jehovas-Gemeinden zu registrieren. Es ist davon auszugehen, dass nach den Ausführungen von H., die für nachfolgendes eine wesentliche Grundlage bilden, im Bereich Gera zwei größere Zeugen Jehovas Versammlungen Anfang der 1950er Jahre existierten. Die Rede ist von einer Versammlung Gera-Nord und Gera-Süd. Es ist offenkundig, dass auch die Stasi diesen Umstand registrierte.
Zwar waren auch die Zeugen Jehovas in Gera um 1950 von den Verhaftungswellen betroffen. Aber doch nicht in dem Umfange, der zu einer „Liquidierung" geführt hätte. Sie waren in der Lage sich wieder zu stabilisieren. Zu registrieren hat man auch, dass der spätere erste Herausgeber der „Christlichen Verantwortung", Willy Müller, in dieser geschichtlichen Konstellation wesentlich zur Stabilisierung beitrug, nachdem die ersten Verhaftungswellen eingetreten waren. H. etwa, schreibt in seinem Buch aus dem Jahre 2003 über letzterem (S. 198):
„Vor dem Verbot der Zeugen Jehovas in der DDR, am 31. August 1950, war Müller Gruppendiener in den Zeugen Jehovas Gemeinden Ronneburg und Schmölln. Nach dem Verbot übernahm er im Frühjahr 1951, als die führenden Mitglieder der Zeugen Jehovas in Gera verhaftet worden waren, die Funktion eines Bibelstudiendieners der Gemeinde bzw. Gruppe Gera-Nord. Anfang 1952 übernahm Müller zusätzlich die Aufgabe des Gruppendieners der Versammlung der Gruppe Gera-Süd, nachdem auch dort der Gruppendiener verhaftet worden war. Am 11. November 1952 wurde auch er verhaftet. … Der I. Strafsenat des Bezirksgerichts Gera verurteilte ihn am 16. Januar 1953 zu einer Zuchthausstrafe von 8 Jahren. Als Sühnemaßnahme wurde gegen Müller und weitere 10 Angeklagte beschlossen, ihr gesamtes Vermögen zu Wiedergutmachungszwecken einzuziehen. Aufgrund einer umfassenden Gnadenentscheidung Walter Ulbrichts vom 10. Dezember 1956 wurde Müller am 21. Januar 1957 vorzeitig, wegen seines schlechten Gesundheitszustandes, mit einer Bewährungsfrist bis zum 31. Dezember 1960, aus der Haft entlassenes In der Bewährungszeit war er wieder im Gemeindeleben aktiv. Am 11. März 1959 wurde er erneut verhaftet. Im Haftbefehl hieß es:
„Er wird beschuldigt, nach seiner Haftentlassung aus dem Zuchthaus und trotz Erhalt einer Bewährungsfrist erneut für die Organisation 'Zeugen Jehovas' tätig geworden zu sein. Er war im Jahre 1987/58 als Verkündiger tätig und im Sommer 1958 besuchte er auch einen Kongreß der 'Zeugen Jehova' in Westberlin. Der Beschuldigte hat aus seiner ersten Verurteilung wegen des gleichen Deliktes keine entsprechende Lehre gezogen."
Wenn man nun der Frage nachgeht, wem auch Müller vorgenanntes Schicksal wesentlich zu „verdanken" hatte, stösst man alsbald auf einen Namen. Den Namen des „G(heimen) M(itarbeiter) Max.". Nun ist es nichts neues, dass ist gängige Geheimdienstpraxis, dass auch die Stasi ihre „Kundschaft" mit Decknamen zu führen belegte. Das ist auch im vorstehenden Fall so.
Bei „Max", dessen Deckname später noch in „Albert" umgeändert wurde, handelt es sich um den am 28. Juni 1929 in Gera geborenen Wolfgang Kirchhof.
Wie fing die zweifelhafte Karriere des „Max" nun an? Nach H. offenbar so:
„'Max' war von 1950 bis 1952 Gruppendiener in Gera gewesen, hatte sich aber schon Anfang 1953 'von dem Glauben zurückgezogen'. Durch den Staatssicherheitsdienst wurde er als Zeuge Jehovas wieder aktiviert. Am 31. Januar 1956 war er als G(eheimer) M(itarbeiter) geworben worden." Offenbar war es auch dieser „Max", der Müller zumindest bei dessen zweiter Verhaftung belastete. Bei H. liest man:
„Am 14. März 1957 nahm er („Max") das erste Mal wieder an einem Studium in einer Studiengruppe teil. Durch ihn konnten eine ganze Reihe Informationen gewonnen werden. Im Festnahmeplan vom 8. Mai 1957, der speziellen Aktion 'Zerfall', sollten durch Aussagen bei sechs Zeugenvernehmungen die beiden neuen Gruppendiener der Gruppen Gera-Süd und -Nord so stark belastet werden, daß eine Festnahme erfolgen konnte, ohne die GM zu dekonspirieren. … Das MfS hatte über den Geheimen Informator 'Max' (Wolfgang Kirchhof) über die Tätigkeit Müllers mehrere Berichte erhalten, in denen der GM schrieb, daß Müller ein 'fanatischer ZJ ist, der vor nichts zurückschreckt'. Er 'übe vor allem auf junge Menschen einen großen Einfluß aus' und nehme dem Gruppendiener 'viel Arbeit' ab."
Jetzt „wiederholte" sich auch beim Fall „Max" das klassische „Stasi-Drehbuch", dass man auch aus Fällen andernorts mittlerweile kennt. Etwa dem Fall des Konsisitorialrates Detlef Hammer im Bereich der Evangelischen Kirche.
Ehrhart Neubert etwa, schreibt über letzteren:
„Schließlich bekommt die Kirchenleitung
den offiziellen Bericht aus der Gauck-Behörde: (Detlef) Hammer war ein
eingeschleuster Agent des MfS, seit 1977 sogar Offizier im besonderen Einsatz (OibE).
Eine Presseerklärung der Kirchenprovinz (Magdeburg) vom 3. August 1992 stellt
nun nüchtern diesen Tatbestand fest: 'Er hat über viele Personen und
Dienstbereiche im Evangelischen Konsistorium und in der Kirchenleitung berichtet
und selbst strategische Vorschläge zur Durchdringung des Konsistoriums der
Kirchenleitung durch das MfS gemacht. Er ist für seinen Einsatz ausgezeichnet
worden und hat auch finanzielle Zuwendungen erhalten.' Das also blieb vom Bruder
Hammer und seinen positiven Wirkungen in der Kirche übrig."
Der „unaufhaltsame"
Aufstieg des „Max" ging nach H. etwa so vonstatten:
„Es schrieb 'Max' am 14. September 1957:
'Seit ca. 2-3 Wochen hat sich die Org[anisation] der Gruppe Gera-Nord wieder gefestigt.'
Die Zusammenkünfte würden wieder stattfinden, die nach Inhaftierungen kurzzeitig eingestellt wurden. 'Max' berichtete auch immer wieder darüber, daß Literatur in den
Gruppen vorhanden sei:
'Seit ca. 2-3 Wochen sind die WT Nr. 20, 21, 22 und 23 in Gera. Die Nummern 18 und 19 fehlen. Das ist der Beweis dafür, dass wieder Kuriere gefahren sind.'
Am 18. Mai 1958 erhielt 'Max' die erste Möglichkeit, selbst als Kurier in das Ostbüro nach Westberlin zu fahren. Er konnte '40 Ost-WT und 10-20 Original Westausgabe WT und Erwachet' mit in den Osten nehmen. Gleichzeitig verriet er drei Kuriere, mit denen er in Berlin war. Natürlich interessierte sich sein Führungsoffizier auch für das Gebäude des Ostbüros, von innen und von außen. 'Max' sollte eine Skizze von der Zentrale herstellen. Die Personen, die er kennenlernen würde, sollte er sich gut einprägen, um später eine Personenbeschreibung geben zu können. 'Max' berichtete auch, daß in der Zentrale in Westberlin ein Königreichssaal gebaut würde und daß Handwerker benötigt würden.
In den internen Informationen, in die Kuriere in der Zentrale Einblick halten sollten, um sie weiterzugeben, hatte 'Max' eine interessante Information gelesen. Es hieß dort, daß diejenigen, die Verpflichtungen gegenüber dem SSD eingegangen seien, sich an die Zentrale wenden könnten, um zu erfahren, wie man aus einer solchen Verpflichtung am besten herauskäme."
Weiter kommentiert H.:
„Es ist interessant zu sehen, daß trotz der Zersetzungarbeit des MfS im Zwischenbericht vom 18. September 1958 gesagt wurde, daß die beiden Gruppen in Gera zahlenmäßig bei 300 Gläubigen lagen, somit eine leichte Steigerung zu der Anfangszeit des Gruppenvorgangs 'Kuriere' im Jahre 1952 zu verzeichnen war. Und das, obwohl zwischenzeitlich aus der Gruppe 'Gera-Nord die meisten Bibelstudiendiener dieser Gruppe' dem MfS bekannt waren und aus der Gruppe Gera-Süd einige Verhaftungen vorgenommen wurden, etliche in den Westen geflüchtet waren und Angst vor einem Eingreifen des MfS vorherrschte. Einige Kuriere aus der Gruppe Gera-Nord mußten für die Nachbargruppe einspringen, da deren Kuriere verhaftet waren. Seit 1950 waren allein aus den beiden Geraer Gruppen 30 Zeugen Jehovas inhaftiert worden. 71 inhaftierte Zeugen Jehovas waren dem MfS in Gera insgesamt bekannt. Davon waren 50 vorzeitig entlassen worden. Nach ihrer Haftentlassung waren 19 wieder aktiv im Verkündigungswerk tätig. Zeugen Jehovas waren nach ihrer Entlassung mit ihren Familien nach Westdeutschland geflohen, da sie in der DDR keine Perspektive mehr Da GM 'Rosa' Anfang 1957 enttarnt wurde, setzte man den GM 'Max' jetzt an diese Stelle."
Um wen es sich bei dem „GM Rosa" im Klarnamen handelt, lässt H. aber in seinem Buch nach meinem Überblick, unbeantwortet. Wie auch immer. Man kann aus vorstehendem entnehmen. Der „Aufstieg" des „Max" innerhalb der WTG-Organisation, nahm seinem Lauf.
Zum Thema „Rosa" kann man bei H. noch lesen:
„Aus dem Kreis der Personen, die eine Einweisung in die Bibel durch Jehovas Zeugen erhielten, aber noch keine Zeugen Jehovas waren, konnte am 16. Februar 1963 ein GM geworben werden, der den Decknamen 'Rosa' erhielt. Trotz des anfänglichen Mißtrauens ihm gegenüber seitens der Zeugen Jehovas konnte der GM sich im Laufe der Monate mehr und mehr Vertrauen erschleichen. 'Rosa' berichtete über eine starke Tätigkeit der Zeugen Jehovas in Gera, fand einige Namen von aktiven Gläubigen heraus und nannte einige Tricks bei der Kuriertätigkeit. In einem Bericht ihres Führungsoffiziers, Unterleutnant Paul, hieß es :
'Ein gewisser […] wohnhaft in Gera […]beschäftigt in der[…] in[…] ist nach dem GM-Bericht Nr. 7 zu der Tagung nach Westberlin mit seinem Fahrrad gefahren. Ihn begleitete ein I6jähriger Junge. Die […], von dem der GM diese Mitteilung hat, hat den Betreffenden in Berlin zur Tagung getroffen, wo er in schmutziger Arbeitskleidung herumlief. Auf die Anfrage des GM, warum er so schmutzig herumlief, erklärte die […], er hätte die Aufgabe, die Schriften von Berlin nach Gera zu bringen, und durch die Arbeitskleidung wird er nicht gefährdet, da sie annehmen, er kommt von der Arbeit. Der 16jährige Junge trug die Schriften bei sich [alle Namen geschwärzt]
Durch die regelmäßigen Treffen der Bibelstudiengruppen wurde durch 'Rosa' auch ermittelt, ob und wann 'Wachttürme' an die Gläubigen verteilt wurden. Es würde auch immer wieder über Vorsichtsmaßnahmen bei der Arbeit mit der Literatur gesprochen, denn wenn bei jemandem Literatur gefunden würde, 'erhielt er 5 Jahre Zuchthaus'
Der GM berichtete auch, wie die Maßnahmen des SfS (Staatssekretariat für Staatssicherheit) bei den Zeugen Jehovas empfunden wurden. Z. B. darüber, daß aufgrund der staatlichen Maßnahmen eine Frau, 'bei welcher des öfteren Bibelstunden abgehalten wurden, in letzter Zeit Angst hat und nicht mehr mitarbeiten' wolle.
Die Aufgabe von 'Rosa' bestand auch darin, sich für Kurierfahrten zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise hoffte man einen genauen Einblick in die internen Abläufe einer Kurierfahrt zu erhalten. Hierfür wurde für 'Rosa' ein Maßnahmenplan erstellt, gemäß dem der GM Informationen sammeln sollte. Aufgrund weiterer Ermittlungen und GM-Informationen wurden vier führende Zeugen Jehovas verhaftet. Weitere fünf Personen sollten dann verhaftet werden, wenn ein zuvor unternommener Versuch einer Anwerbung mißlingen sollte. Der Versuch, diese neun Personen zu werben, scheiterte. Anfang 1955 wurde gegen 42 Zeugen Jehovas aus Gera im Vorgang 'Kuriere' ermittelt. Zumindest bis Mitte 1955 war es dem SfS dennoch nicht gelungen, einen weiteren GM in Gera anzuwerben.
Da GM 'Rosa' für mehrere Monate krank war, bestand ein Informationsdefizit, das man unbedingt beseitigen wollte. Durch verstärkte Anstrengungen konnte schließlich doch ein GM geworben werden. Dieser GM 'Gottlieb' informierte die Staatssicherheit über eine geplante Kurierfahrt nach Westberlin, die am 24. September 1955 um 19.30 Uhr stattfinden sollte.
Ein Maßnahmenplan für die Kurierfahrt war vom SfS schon aufgestellt worden:
'1. In Weida wird die beschriebene Person[…] beobachtet und es wird in das Abteil eingestiegen, wo dieselbe einsteigt.
2. Um festzustellen, wie und unter welchen Zeichen sich in Gera die noch zusteigenden Kuriere verständigen.
3. Alle Kuriere werden bis Berlin und zurück beobachtet.
a. Geführte Gespräche sind schriftlich festzuhalten.
b. Namen der Kuriere sind festzustellen.
c. Eine Festnahme durch die Trapo ist zu verhindern.'
Diese Beobachtungen wurden von den Unterleutnants Schmidt und Teichmann durchgeführt. Sie setzten sich in das gleiche Abteil wie die junge Frau. Am Bahnhof Gera stiegen zwei weitere junge weibliche Kuriere dazu. Im Gespräch plauderten sie ganz freimütig und die Lage völlig unterschätzend aus, daß sie schon 'oft in Berlin waren, und es immer gut geklappt habe'. In Leipzig stiegen noch zwei Personen mit dem gleichen Auftrag, Literatur in Berlin zu holen, dazu. Bei der Rückfahrt am nächsten Tag stellten die beiden Beobachter folgendes fest:
'Da alle drei Personen eine ziemlich schlanke Figur haben, wurde von uns sofort festgestellt, dass sie Schriftmaterial am Körper verborgen haben. Alle drei Personen sahen aus, als ob sie hoch in anderen Umständen wären.'
Während der Rückfahrt kam es zu einer systematischen Zugkontrolle durch die Transportpolizei. Durch Einschreiten der beiden Staatssicherheitsbeamten wurde eine Kontrolle der jungen Frauen verhindert. Auf der Rückfahrt begannen die Frauen wieder, unbekümmert zu plaudern und erzählten, 'daß sie an jedem Sonnabend zwischen dem 20. und dem 25. jeden Monats' nach Westberlin fahren würden, um 'Schriftmaterial abzuholen und die Monatsberichte zu überbringen'.
Eine vertrauliche Unterhaltung zu führen oder einfach nur zu schweigen, hatten sich diese drei Kuriere ganz offenbar noch nicht angeeignet."
Wie man aus diesen Ausführungen wohl auch interpretieren kann, war wohl irgendwann dieser „Rosa" selbst von den Zeugen Jehovas enttarnt worden; mit der Folge, dass nun der „Max" in der ZJ-Organisation weiter aufstieg. Und mit „Max" hatte die Stasi nun eine offenbar sprudelnde Informationsquelle. Dem „Konto" des „Max" (aus verschiedenen Quellen) kann man etwa folgende Details entnehmen:
In einer Akte der Stasiakte, datiert vom 4. 6. 63 findet sich auch der Satz: „Durch den IM 'Albert' wurde bekannt, daß am 16. 6. 63 um 10.00 Uhr und 13.00 Uhr bei der Teufelsthalbrücke und um 19.00 Uhr in der Wohnung des … Erfurt, illegale Treffen führender Funktionäre der „Zeugen Jehovas" stattfinden. … Das illegale Treffen am 16. 6. um 10.00 Uhr an der Teufelsthalbrücke wird konspirativ überwacht.
Eine weitere Stasiakte
notiert (MfS -HA XX/4 Nr. 2309)
Verfasst vom Stasifunktionär Herbrich Bericht vom 11. 4. 1962:
„Durch den GM 'Max' der B(ezirks) V(erwaltung) Gera wurde der zentrale
Funktionär der Organisation 'Zeugen Jehova' in Thüringen … am 30. 12. 1961 bei
seinem Zusammentreffen mit dem GM unter dem Decknamen … bekannt. Dieses Treffen
diente zur Aufnahme der Verbindung der Organisation 'Zeugen Jehova' über … mit
den illegalen Gruppen im Gebiet von Gera. Das Treffen fand in der konspirativen
Wohnung der 'Zeugen Jehovas' in Gera … wh.: Gera, Vollersdorferstr. statt.
Der nächste Treff des GM 'Max' mit … fand am 6. 1. 62, wie vereinbart, wiederum
in der genannten konspirativen Wohnung in Gera statt.
… übergab dem GM die neuesten Informationen und Anweisungen der Organisation
'Zeugen Jehova'. Weiterhin legte er dem GM dar, nach welchen neuen System die
illegalen Gruppen in der DDR die Verbindung mit der Organisation in
Westdeutschland halten.
Wie vereinbart führte der GM 'Max' am
5. 2. 62 mit … einen weiteren Treff in ihrer konspirativen Wohnung in Gera
durch. Der Treff diente dazu, um konkrete Einzelheiten festzulegen. Der GM 'Max'
wurde als verantwortlicher Funktionär für das Berichtsystem Gera (dazu gehören
die umliegenden Gruppen) durch … eingesetzt.
Es erfolgte eine neue Gebietseinteilung. Das neue Berichtsschema besprach …
ebenfalls mit 'Max'. … übergab Filmnegative für Vervielfältigungen und wiederum
einige neue Informationen der Zentrale 'Zeugen Jehovas'. 'Max' übergab … den
Monatsbericht über die geleistete illegale Tätigkeit der Gruppe Gera, eine
Deckadresse aus Gera und den Namen des voraussichtlichen Kurier. Zur
Aufrechterhaltung der Verbindung mit … teilte er dem GM seine Anlaufstelle Frl.
… Erfurt, Karthäuserstr. … bei … mit.
Ein neuer Treff wurde nach diesem nicht vereinbart. … Bemerkte jedoch, daß ca.
aller 8 Wochen Besprechungen, solcher verantwortlicher 'Zeugen Jehovas' wie
'Max', in Jena stattfinden und er den Termin für die nächste Besprechung noch
mitgeteilt bekommt."
Die zweifelhafte Karriere des „Max" inzwischen von der Stasi in „Albert" umbenannt war damit noch nicht beendet. Nach H. wurde in einer Stasi-Information über ein neues Leitungssystem der Zeugen
Jehovas aus dem Jahr 1975 berichtet, dass der wurde über IMF "Albert" neben seiner Funktion als Kreisaufseher nunmehr auch die Funktion eines der beiden Stellvertreter des Bezirksaufsehers des Bezirks Leipzig innehabe.
Derart aufgestiegen, schien es der SED-Diktatur nun an der Zeit, sich ihrem „Max", „Albert" alias Wolfgang Kirchhof erkenntlich zu zeigen. Man tat das im Jahre 1977. Der Vaterländische Verdienstorden in Bronze war nun für ihm vom DDR-Staat das entsprechende Äquivalent. D. reproduziert in seinem Buch das entsprechende Dokument.
Nach Katja Eichler verfasste Erich Honecker höchstpersönlich eine entsprechende Laudatio. In ihm liest man die Sätze:
„Diese Auszeichnung anlässlich des 28. Jahrestages der DDR ist eine Würdigung der besonderen Verdienste eines Patrioten, der seit über 20 Jahren aufs engste mit dem Ministerium für Staatssicherheit verbunden ist und einen entscheidenden Anteil an der Lösung spezifischer Aufgaben hat. Diese Auszeichnung ist eine Würdigung und Anerkennung für die stets disziplinierte, zuverlässige und treue Pflichterfüllung im Dienste unseres sozialistischen Staates. Diese Auszeichnung ist eine Würdigung der großen Opferbereitschaft bei der Lösung der übertragenen operativen Aufgaben.
Werter Genosse! Sie haben in den über 2 Jahrzehnten als Patriot in den Reihen des Ministeriums für Staatssicherheit jederzeit Ihr gesamtes persönliches Leben der Lösung der operativen Aufgaben untergeordnet. Mit Ihrem festen Willen, durch tschekistische Höchstleistungen die Feinde unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung in Gestalt der feindlichen Organisation ‚Zeugen Jehovas' und ihrer subversiven Zentren in Wiesbaden und Brooklyn aufzuklären, unter Kontrolle zu halten bzw. zu liquidieren, haben Sie einen entscheidenden Anteil an der Stärkung unserer DDR.
Unter ständigen persönlichen Entbehrungen und Opfern im persönlichen, familiären und beruflichen Leben haben Sie eine entscheidende Grundlage für das kontinuierliche Eindringen in die feindliche Konspiration geschaffen. So gelang es Ihnen, das uneingeschränkte Vertrauen der Zentralen in Wiesbaden und in den USA zu erzielen.[…] Durch Ihren Einsatz war eine ständige Kontrolle der Aktivitäten innerhalb des ZJ - Bezirkes und darüber hinaus gewährleistet und feindliche Aktionen konnten unterbunden bzw. eingeschränkt werden. Sie leisteten einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der nachrichtendienstlichen Verbindungen zwischen der Leitung des Ostbüros in Wiesbaden und den Leitungen in der DDR.[…]"
Folgt man Katja Eichler, war damit noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Eichler will gar wissen (bei H. oder D. habe ich das allerdings bisher nicht bestätigt gefunden), dass der DDR-Staat diesem Kirchhof im April 1987 gar noch einmal einen Orden verpasste. Diesmal zwei Stufen höher: Vaterländischer Verdienstorden der DDR in Gold.
Die Fälle Bachmann und Schroedl
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,15067,15067#msg-15067
Man vergleiche bezüglich der Nazizeit auch:
Die "Gebetskunst" des Hans Mueller
Und in diesem Kontext empfiehlt sich auch ein Blick auf